Die ultimative Vision
Die ultimative Vision
oder auch:
Kultur mit Zukunft
von Jürgen Daube, Oktober 2008
Liebe Segelflieger innen und außen,
nun stehe ich wieder hier und kann nicht anders. Das mit dem Präsidenten ist ja nichts geworden, zum Glück für Euch aber auch für mich. Nun haben wir ja einen, der im aerokurier oder im Luftsport intelligente Artikel veröffentlicht, aber ob die so unterhaltsam sind wie meine – vielleicht? Ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht....
Die ultimative Vision, im letzten Jahr habe ich gemerkt, wie produktiv es ist, sich mögliche Visionen zu überlegen und diese auch zu propagieren. Hat unser neuer Präsident eigentlich auch Visionen wie es wirklich gehen soll in Zukunft? Eine gute wäre vielleicht gewesen, die Teamarbeit im DAEC voran zu stellen. Entdecken wir Segelflieger nicht immer mehr, dass ein Team leistungsfähiger ist und mehr Erfolg bringt als ein Einzelkämpfer?
Nun, tapfer nach vorn geblickt und nach neuen Zielen gesucht. Daran, dass ich spreche und nicht singe, merkt Ihr, dass mal wieder ein Vortrag fällig ist.
Apropos singen. Vor zwei Jahren, Ihr erinnert Euch an die Flugsicherheitsbelehrung der etwas anderen Art, da sang ich:
3.) Hängst Du steil am Windenseil
eben nach dem Start,
was ist wenn das Seil reißt oder
der Motor jäh erstarrt?
Sie ist dann ganz plötzlich weg,
die lebenswicht’ge Fahrt
und schlägst auf und schlägst auf
Knall!
Kurz und tödlich hart.
Hört denn kein Schwein zu? Da muss ich mir sagen lassen, dass in diesem Jahr vermehrt Unfälle an der Winde mit tödlichem Ausgang zu verzeichnen waren.
Man fällt auch runter, das sei Euch gesagt, wenn die Strömung abreißt und nicht nur das Windenseil. Manche Vereine lassen mit Vorliebe auch die Sollbruchstellen reißen, weil sie in enger Auslegung der Flughandbücher mit zu schwachen Sollbruchstellen schleppen! Wird der Flugbetrieb eigentlich sicherer, wenn „nur“ die Sollbruchstelle bricht????
Aber ich wollte ja gar nicht schon wieder in das alte Thema verfallen und eigentlich auch nicht singen. Ich wollte nach vorn und besser noch nach oben blicken na eben „ultimativ“ wie die Werbefuzzis so stylisch alles unters Volk bringen.
Mir ist aufgefallen, dass heute die Leistungssteigerung des Segelfluges wieder an die Berge zurückgekehrt ist, wo ja alles begonnen hat. Natürlich sind die Anden etwas höher als die Rhön, aber der Wellenaufwind ist nur eine andere Form des Hangaufwindes alter Art. Ithflieger wissen Bescheid.
Nun sind ja schon Pläne bekannt geworden, damit es noch etwas spektakulärer wird, das Mountain-Wave-Project auch auf den Himalaya auszudehnen. Aber Berge sind eben nur Berge. Hat eigentlich schon mal jemand daran gedacht, sich den Möglichkeiten des Urals zuzuwenden und diese zu untersuchen? Auf jeder größeren Landkarte liegt der so schön quer zum Wind und jetzt sollte das doch auch politisch kein Problem mehr sein. Dieser Hinweis auf den fernen östlichen Aufwindspender liefere ich nur so nebenbei.
Da wir Deutschen gern immer alles eher negativ als positiv sehen und die „Krise“ in welcher Form auch immer unsere ständige Begleiterin ist, was kommt eigentlich nach dem Wellenfliegen?. Da hier bald alles abegrast ist, was soll danach kommen?
Wie geht es weiter mit dem schneller – höher – weiter??? Krise, Krise, Krise.......
Aber Rettung naht. Durch Nachdenken bin ich auf folgende Lösung gekommen:
Seid Ihr alle wach und hört aufmerksam zu? Jetzt kommt nämlich ein historischer Moment. Jetzt wird es gemäß Ansage U L T I M A T I V ! Ausrufungszeichen.
Braunschweig als ehemalige Stadt der Wissenschaft lässt grüßen.
Ich rufe das Projekt aus, mit dem Segelflugzeug den Atlantik in West-Ost-Richtung als erster zu überqueren.
Um der Sache den nötigen Anschub zu verleihen, setze ich als Preis 10 in Worten Zehn .
Euro aus. Wer sich daran beteiligen möchte, ist gern als weiterer Sponsor gesehen. Eure Namen gehen damit in die Fliegergeschichte ein. Das Inkasso kann ja der Landesverband übernehmen. Je mehr reinkommt, umso interessanter wird der Preis.
Und, damit das Ding auch einen Namen bekommt, schlage ich uneigennützig vor, das Ganze als
Preis des niedersächsischen Segelfliegertages 2008 für
erste Atlantiküberquerung im Segelflug von West nach Ost
zu benennen. Und, damit das ganze griffig wird und auch eine passende Abkürzung bekommt: V A N E I S - das bedeutet: Von Amerika nach Europa im Segelflug
VANEIS – klingt etwas wie Vanilleeis leicht zu behalten.
Englisch, das muss hier einfach sein bei diesem ozeanüberspannenden Vorhaben würde es heißen: F A T E S. From America to Europe Soaring. Fates sind und das muss ich erklären, die Parzen, das sind die 3 Schicksalsgöttinnen. Das hat doch auch was.
Es ist heute der 09. November 2008, und genau wie viel Uhr? Bitte im Protokoll festhalten.
Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht auch sagen könnte wie es gehen soll oder kann.
Schon im Sommer 1980 erschien das Buch des Braunschweiger Professors Georg Rüppell über den Vogelflug. Auf den Seiten 80 – 82 wird das Seesegeln der Albatrosse beschrieben. Der dynamische Flug dieser bewundernswerten Vögel bringt mich zu der Idee, die ganze Angelegenheit von der Wasseroberfläche und den dort vorhandene nach oben zunehmenden Windgeschwindigkeiten in die Stratosphäre zu verlegen. Während die Albatrosse davon profitieren, dass zur Wasseroberfläche hin die Luftgeschwindigkeit abnimmt, darüber aber konstant zunimmt, möchte ich das Prinzip umkehren. Im Buch heißt es:
„Ein völlig regelmäßiges Ansteigen der Windgeschwindigkeit finden wir jedoch über dem Meer. An der Meeroberfläche wird der Wind stark gebremst und mit zunehmender Höhe nimmt seine Geschwindigkeit zu. Diese Geschwindigkeitszunahme nutzen die Meeressegler aus: Sie steigen gegen den Wind und geraten dabei in immer schnellere Luftströmungen. Auf ihrer Flügeloberseite wird dadurch mehr Auftrieb erzeugt als ohne diese Windgeschwindigkeitszunahme. Der Vogel kann so ein kleines Stück weiter aufwärts kommen als bei gleichmäßigen Windverhältnissen. Dieses wenig Mehr an erreichter Höhe ermöglicht aber viel mehr an Gleitstrecke.“
Es ist ein alter Hut, wenn sich der Linienverkehr von Amerika nach Europa, wenn möglich, des Jetstreams bedient, um so geschoben von Windgeschwindigkeiten so um die 5-600 km/h, die Flugzeit erheblich zu verkürzen und was heute fast noch wichtiger ist, den Kraftstoffverbrauch zu senken. Jeder Lufthansakapitän, der über den großen Teich hin- und zurückschaukelt, wird Informationen in Hülle und Fülle haben.
In Wikipedia heißt es und nun wird es noch einmal etwas wissenschaftlich:
Ein Jetstream (engl.: jet stream, jet) bzw. Strahlstrom ist ein schmales Starkwindband im Bereich der oberen Troposphäre bis zur Stratosphäre.[1] Jetstreams bilden sich infolge globaler Ausgleichsbewegungen zwischen verschiedenen Temperaturregionen bzw. Hoch- und Tiefdruckgebieten und stellen die stärksten natürlich auftretenden Winde dar, wobei sie im Vergleich zu anderen Wetterphänomenen sehr verlässlich und stabil in ihrem Auftreten sind. Allgemeiner definiert handelt es sich um atmosphärische Windbänder mit einer nahezu horizontalen Strömungsachse (Jetachse) und Windspitzen von bis zu 150 m/s (540 km/h), wobei die Windgeschwindigkeit – sowohl vertikal als auch horizontal – mit zunehmender Entfernung zum Strömungszentrum rasch abfällt. Sie gehören näherungsweise zur Gruppe der geostrophischen Winde, bei welchen ein Gleichgewicht zwischen Druckgradient- und Corioliskraft herrscht.
Uns entgegenkommt die Aussage, dass die Windgeschwindigkeit horizontal und ganz speziell auch vertikal mit zunehmender Entfernung vom Strömungszentrum rasch abfällt.
Am Anfang steht erst mal ein Schlepp oder Eigenstart mit Motor um in den fraglichen Höhenbereich über den Jetstream zu kommen. Dann taucht das Flugzeug mit möglichst hoher Fahrt in diesen ein und wird zusätzlich beschleunigt. Jetzt kommt eine Kehrtwendung und das Flugzeug wird nach oben katapultiert und kommt da in weniger schnell strömende oder sogar ruhende Luftmassen. Der Fahrtüberschuss sorgt dort für einen Auftrieb und einer weiteren Wendung zu zusätzlichem Höhengewinn. Der wird in Strecke umgesetzt und das Spiel beginnt von neuem. Ob es nun so gehen kann oder wie auch immer, unbestreitbar ist, der Albatros kann das und der Jetstream stellt eine Energiequelle dar, die angezapft werden kann. Bedenkenträger, die immer gleich nur die Argumente dagegen finden, wird es sicher zuhauf geben. Drum, denkt positiv Leute!
Auch: Frühere Preise in der Luftfahrt enthielten nicht so viele praktische Hinweise für eine Umsetzung wie eben dieser heutige.
Was brauchen wir also?
Einen höhentauglichen Motorsegler mit genügend Sprit um auch Fehlversuche lebend zu überstehen, ebenso ausreichend Sauerstoff, wahrscheinlich ein Druckanzug für die Piloten des weiteren eine Rettungsinsel und was sonst noch dazu gehört. Das Flugzeug sollte wahrscheinlich in allen Bauteilen ausreichend verstärkt sein, um die höheren Geschwindigkeiten zu verkraften. Ein möglichst noch bessere Gleitzahl als bisher wäre sicher hilfreich. Ganz wesentlich ist, das Flugzeug muss hinsichtlich der Manövergeschwindigkeit darauf ausgelegt sein, möglichst scharfe Wendungen, also 180 Grad-Wendungen machen zu können. Mit Sicherheit sollte das Flugzeug doppelsitzig geflogen werden. Neue Vorhaben erfordern andere bzw. geänderte Regeln. Die große Strecke wird einen Flug über Nacht erfordern (Beleuchtung ist auch wichtig) und da ist es dann hilfreich, wenn sich 2 Piloten abwechseln können. Das Ganze zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang abzuwickeln, wird nicht möglich sein. Aber dazu noch an anderer Stelle.
Eine ausgefeilte Wetterberatung und Beobachtung über den Atlantik muss gewährleistet sein. Der erhebliche Flugverkehr von Ost nach West stellt zugleich eine Hilfe aber auch ein Risiko dar. Das muss dann koordiniert werden. Die ersten Versuche und Tests könnten über dem amerikanischen Kontinent stattfinden, der ist ja groß genug.
Übrigens, wenn wir schon so weit sind, dann wäre es auch möglich USA ebenso zu überqueren wie auch den Pazifik, na eben alles was sich dann mit dem Jetstream machen lässt. Ich will mir einfach das Recht nicht streitig machen lassen, das Thema wenigstens bis zu Ende gedacht zu haben.
Wie lange könnte so etwas dauern? Bei einer angenommenen Distanz von 5000 Kilometern und einer schon wenig gerechneten Reisegeschwindigkeit von 250 km/h betrüge die Flugzeit gerade mal 20 Stunden. Am Roten Kliff bei Wenningstedt auf Sylt flog Ernst Jachmann seinerzeit mit 40 Stunden einen Dauerweltrekord!
Das war es dann schon. Klingt doch machbar. Leute spendet, je größer der Preis über meine 10 Euro hinaus wird, desto eher findet sich jemand, es zu versuchen. Leider ist Steve Fosset nicht mehr unter uns. Der wäre wohl der erste Kandidat geworden. Aber sicher nicht wegen des Geldes, davon hatte er ja genug.
Mit Klaus Ohlmann werden wir wohl noch sprechen müssen.
Aber eins ist klar, je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, desto mehr bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es sich nicht um ein Aprilthema handelt - nach dem Motto: ha ha wie lustig – sondern durchaus Hand und Fuß hat, was zu beweisen war.
Mal eben vier Seiten ist dieser Vortrag lang geworden, aber ganz schön spektakulär.
Und Ihr Niedersachsen könnt der Nachwelt berichten, dass Ihr dabei gewesen seid.
Ich bedanke mich für das Zuhören und stelle mich einer späteren Organisation, die das Vorhaben begleitet, gern als Spiritus Rector zur Verfügung.
Nachsatz:
Wetten, dass im Luftsport über dieses Vorhaben wieder kein einziges Wort geschrieben wird, außer dass ich die Menge mal wieder ganz nett unterhalten hätte – wie immer?
Sollte einer oder eine unter Euch sein, die jetzt schier beeindruckt sind, dann wäre es doch prima, wenn Die- oder Derjenige einen Artikel darüber schreibt und Gaidis oder Renate schickt. Dann braucht sich unser Büro in Hannover nicht so kurz zu fassen.